Ich kann mich gar nicht mehr daran erinnern, wie oft ich mir schon die Frage gestellt habe, weshalb die Rapszene in Österreich so ist, wie sie ist. Seitdem ich vor einigen Jahren mit Musikproduktion begonnen habe, hatte ich fast täglich Kontakt zu KünstlerInnen und ProduzentInnen, die in der Industrie neu oder bereits etabliert sind. Mit diesem Beitrag möchte ich euch meine Meinung mitteilen.

Verhaltensweisen
Es ist verdammt schade, dass sich so viele RapperInnen nicht am Boden der Tatsachen befinden. Oder wollt ihr mir ernsthaft klarmachen, dass ein/e „KünstlerIn“ mit nicht mal 200 Instagram-Followern eine/n ManagerIn braucht?
Ist es normal, dass vermeintliche „Labels“ irgendwelche Vorschriften, Pflichten und Gesetze einhalten müssen, von denen nach meiner Überprüfung nicht mal die Mica, LSG oder AKM Bescheid weiß? Für alle, die es nicht wissen – über diese Ansprechpartner läuft das gesamte Musikbusiness in Österreich.
Relativ schnell wird einem klar, dass es auch Mittelmänner gibt. Diese meinen einfach bestimmen zu können, ob sie gewisse Prozesse übernehmen und somit ganz einfach Prozentanteile an Projekten beanspruchen. Auch wenn es nur darauf ausläuft, dass es nur ein zusätzlicher Name bei den Mitwirkenden ist – ich persönlich lasse mir solche Machtspielchen nicht gefallen.
Hin und wieder lernt man auch extrem talentierte KünstlerInnen kennen, die wissen, von was sie sprechen und sich auf eine Zusammenarbeit freuen. Ich durfte eine Hand voll dieser Menschen kennen lernen, wofür ich sehr dankbar bin.
Aller Anfang ist schwer
Du kennst niemanden, niemand kennt dich. Mit 5 Monatlichen Hörern versuchst du, eine Zielgruppe zu finden und aufzubauen – wo fängst du aber an?
Ich persönlich habe als Artist bereits mit zahlreichen Menschen versucht, zusammenzuarbeiten. Das führt dazu, dass man die Fans des jeweiligen Kollaborationspartners ansprechen kann. Um so eine Kollaboration überhaupt machen zu können, sollte man aber vorher schon einen Katalog an Songs aufgebaut und veröffentlicht haben. Sonst macht man sich den Anfang nur noch schwerer, als er sowieso schon ist!
Kollaborationen
Kollaborationen finden generell zwischen KünstlerInnen mit einer ähnlich großen Reichweite statt. Deswegen macht es logischerweise wenig Sinn, als neue/r KünstlerIn einen Kollegah um ein Feature zu bitten.
Falls sich zwei oder mehrere Artists gut verstehen kann natürlich ein Endprodukt entstehen, welches sich sehen lässt. Dafür muss schlussendlich aber auch gearbeitet werden.
Bei zwischenmenschlichen Projekten finde ich es extrem wichtig, keine Erwartungen an die Gegenpartei zu haben. Ja, du hast richtig gelesen. Ich meine wirklich keine Erwartungen. Das ist eine der nötigen Methoden, um sich in der Musikindustrie psychisch zu schützen.
Ein kleines Beispiel unsererseits
Wir, die Betreiber von Austrian Rap, also auch von Bomonti Records, hatten bereits zahlreiche Projekte, an denen monatelang gearbeitet wurde, die aber nie das Licht der Welt erblicken konnten. Manchmal kommt es jedoch nicht mal zum Beginn der Arbeitsphase – KünstlerInnen können teils gar nicht erst zu Terminen erscheinen oder anfangen, einen zu ghosten.

Aber…
Es gibt auch viele postive Aspekte an der Rapszene in Österreich. Ich habe in meiner bisherigen Karriere auch verdammt kompetente und liebe Menschen kennen gelernt, mit denen ich bis heute noch gerne arbeite. Diese Artists lernt man meistens nicht durchs gezielte Suchen, sondern rein zufällig kennen. Hieraus entstehen enge Freundschaften, die auch über die Musik hinaus halten.
Außerdem kann ich behaupten, dass ich mir selbst immer treu geblieben und als Mensch gewachsen bin. Man merkt, dass der Neid, der in der Szene tief verankert ist, nicht hauptsächlich aus der Musikindustrie sondern aus unserer Gesellschaft im Allgemeinen kommt. Die Personen, die behaupten, dich von Tag eins unterstützt zu haben, wollen dich in Wirklichkeit nur scheitern sehen. Das ist auch okay so – denn man kann es nie allen recht machen. Das Wichtigste ist, dass man das macht, worauf man Lust hat und über kleine Unannehmlichkeiten hinwegsehen kann. Sonst gräbt man sich längerfristig sein eigenes Grab.
Dieser Text basiert nur auf persönlichen Erfahrungen und sollte keineswegs als Richtlinie für die Gesamtlage der Rapszene in Österreich interpretiert werden.
Wichtig zu erwähnen gewesen wären auch gewisse Leute, die durch ihren Rücken „Macht“ haben. Oft werden Künstler nur gehört, weil ihr Bodyguard gut vernetzt ist und jeder gerne mit diesem Bodyguard befreundet wäre. Darum lassen sich gewisse KünstlerInnen von Menschen unterdrücken, denen sie nichts schuldig sind. Jeder macht ’ne Story wenn ein Großfamilienclan etwas pusht, nur weil sie „lutschen“ wollen. Sobald man Erfolg hat, sehen einen die Leute sowieso nur als Sprungbrett und wollen sich hochziehen, darum können kleine Künstler die wirklich an der Musik von größeren Künstlern interessiert sind keine Features mit diesen machen, weil diese ihren Kreis eben klein halten.